Planetenweg: Asteroiden und (14080) Heppenheim

Text: Matthias Busch, Jürgen Volpp, Starkenburg-Sternwarte e.V.

Gemeinsam mit Kometen und Meteoroiden gehören Asteroiden zur Klasse der Kleinkörper.

Meteoroiden sind kleiner als Asteroiden, nur einige Meter groß. Zwischen ihnen und Asteroiden gibt es weder von der Größe noch von der Zusammensetzung her eine eindeutige Grenze.

Asteroiden (auch Kleinplaneten oder Planetoiden genannt) sind Felsbrocken, die zwischen den großen Planeten ihre Bahn um die Sonne ziehen. Sie sind Überreste der Entstehung unseres Sonnensystems. Wegen ihrer geringen Größe sind sie in der Regel nicht mit bloßem Auge sichtbar.

Geschichte

In der recht großen Lücke zwischen den Planeten Mars und Jupiter vermutete bereits Johannes Kepler einen weiteren Planeten. Im Jahr 1800 wurde eine Durchmusterung des Himmels nach ihm gestartet, in der Neujahrsnacht 1801 wurde dann (zufällig) von Giuseppe Piazzi in Palermo der 964 km große erste Kleinplanet Ceres entdeckt. Zunächst galt er als achter Planet (Neptun war noch nicht bekannt), bis um 1850 herum so viele Asteroiden entdeckt wurden, dass diese fortan „Kleinplaneten“ genannt wurden. Ceres ist inzwischen (seit 2006) wegen seiner Größe zu der neuen Gruppe der Zwergplaneten, zu der seitdem auch Pluto gehört, aufgestiegen.

Um 1900 herum gab die Himmelsfotografie der Entdeckung zahlenmäßig einen großen Schub. Ab den 1990er Jahren „explodierte“ die Zahl der neuentdeckten Asteroiden durch die Anwendung der CCD-Technik und der Datenverarbeitung per Computer nochmals. Heute sind ca. eine Million Asteroiden bekannt.

 

Orbits

Die meisten Kleinplaneten halten sich im sogenannten „Hauptgürtel“ zwischen Mars und Jupiter auf (Abb.1).

Einer davon ist der Kleinplanet (14080) Heppenheim, der 1997 von Mitgliedern der Starkenburg-Sternwarte entdeckt wurde. Mehr dazu im nachfolgenden Kapitel „Asteroiden-Beobachtungen auf der Starkenburg-Sternwarte“.

 

 

Abb. 1   Planetenbahnen und Asteroiden-Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter
(Illustration, Quelle: researchgate.net)

Die Gesamtmasse aller Asteroiden im Hauptgürtel ist relativ gering. Würde man alle zusammenpacken ergäbe sich ein Körper von nur ca. 1500 km Durchmesser. Das ist noch  wesentlich kleiner als der Erdmond. Die Bahnen der Kleinplaneten im Hauptgürtel liegen wie die aller Planeten mehr oder weniger nahe der Ekliptik.

Namensgebung

Die Namen der Asteroiden, deren Bahn als gesichert gilt, setzen sich aus einer vorangestellten Nummer und einem Namen zusammen, z.B. (4) Vesta oder (14080) Heppenheim, den der Entdecker vorschlagen durfte.

Erdnahe Asteroiden

Es gibt jedoch auch erdnahe Asteroiden (NEOs, „Near Earth Objects“).

Nur die wichtigsten Typen sollten hier erwähnt werden. Die Bahnen der Amor-Typen liegen innerhalb der Marsbahn jedoch noch außerhalb der Erdbahn. Ihr Namensgeber war der  Asteroid (1221) Amor. Ein anderer bekannter ist (433) Eros.

Die Bahnen der Apollo- und Aten-Typen kreuzen sogar die Erdbahn und können prinzipiell mit der Erde zusammenstoßen. Dazu mehr weiter unten.

Zusätzlich gibt es einen zweiten, äußeren Asteroidengürtel, den „Kuipergürtel“ jenseits der Neptunbahn, die sogenannten „transneptunischen Objekte“. Diese sind jedoch wegen ihrer Lichtschwäche schwer zu finden. 

Zwischen Jupiter und Neptun kreisen die „Zentauren“ auf meist sehr exzentrischen Umlaufbahnen, vermutlich stammen sie von weit draußen aus dem Kuipergürtel und wurden irgendwann einmal auf diese Bahnen abgelenkt.

Größe, Form und Aufbau

Die wenigsten Kleinplaneten haben mehr als einige hundert Kilometer Durchmesser und zu wenig Masse, um eine annähernd runde Form anzunehmen. Sie sind daher meist unregelmäßig geformte Körper.

In der Zeitschrift Sterne und Weltraum gab es eine schöne Zusammenstellung von Asteroiden und Kometen größer als 10 km (Abb. 2 ). Mit ca. 516 km mittlerem Durchmesser ist (4) Vesta nach (2) Pallas der zweitgrößte Asteroid und fast kugelförmig. (216) Kleopatra sieht ganz anderes aus. Die 219 km lange Knochenform fällt besonders auf.

Abb. 2 Einige Asteroiden und Kometen größer als 10 km (Quelle: Sterne u. Weltraum 03/2019).

Große Asteroiden rotieren in der Regel nur langsam, da sie sonst durch die auftretenden Fliehkräfte auseinanderbrechen würden.

Die meisten Kleinplaneten bestehen aus Gestein. Es gibt aber auch solche mit einem hohen Metallgehalt. Metallreiche Asteroiden sind wahrscheinlich Trümmerreste eines Kleinplaneten, der groß genug war, um in seinem Inneren aufzuschmelzen. In der Schmelze trennten sich dann die schwereren Metalle von dem leichteren Gestein. In der Frühzeit des Sonnensystems kam es häufiger zu Zusammenstößen von Kleinplaneten. Dabei wurden die metallhaltigen Kerne und deren Gesteinshüllen in viele Bruchstücke zerlegt.

Die relativ hohe Konzentration an Eisen, Nickel, Mangan und auch Edelmetallen weckt inzwischen Begehrlichkeiten. Es wird schon ernsthaft über Rohstoffgewinnung auf Asteroiden nachgedacht.

Auf Gesteinsasteroiden, die aus kompakten Felsen bestehen, kann man Einschlagskrater oder Spuren von Kollisionen erkennen, wie z.B. bei (4) Vesta in Abb. 2. Aber viele Asteroiden sind mehr oder weniger lose Schutthaufen, deren Gesteinsbrocken schwach durch ihre geringe gemeinsame Anziehungskraft zusammengehalten werden. Ihre Oberfläche ist mit Gesteins- und Felsbrocken übersäht. Beispiele dafür sind (101955) Bennu und (25143) Itokawa (Abb. 3aAbb. 3b).

Abb. 3a (101955) Bennu (ein Erdbahnkreuzer), Quelle: NASA/OSIRIS-REx

Abb. 3b (25143) Itokawa ca. 535m x 250m, (Aufnahme von der Sonde Hayabusa)

Raumsonden zu Asteroiden in Erdnähe

 Wie oben schon erwähnt, gibt es Asteroiden, deren Bahn regelmäßig die Erdbahn kreuzt, sogenannte Erdbahnkreuzer. Diese Objekte sind für die Erde potentiell gefährlich. Ihnen gilt ein besonderes Interesse.

Raumsonden haben schon aus der Nähe einige dieser Asteroiden fotografiert, und wenige nahmen sogar Gesteinsproben. Im Folgenden werde ich einige Missionen vorstellen.

Will man einen Asteroiden ablenken oder gar zerstören, muss man seine Beschaffenheit kennen. Bodenproben sind ein erster Schritt dazu. Die JAXA Mission (aus Japan) Haybusa 2 brachte als erste 2020 Gesteinsproben von einem Asteroiden, (162173) Ryugu, zur Erde. Letztes Jahr (2021) entnahm die NASA Sonde OSIRIS-REx Gesteinsproben von dem 500m großen Erdbahnkreuzer (101955) Bennu (Abb. 3a). OSIRIS-REx ist inzwischen mit den Proben auf dem Rückweg zur Erde. Bennu umrundet die Sonne in 437 Tagen. Sein kleinster Abstand zur Erde beträgt zur Zeit ca. 470.000 km. Das ist etwas weiter als die Entfernung zum Mond. Eine Prognose für das 2135 ergibt einem Vorbeiflug an der Erde noch innerhalb der Mondentfernung. Dies könnte Bennus weitere Flugbahn so verändern, dass er in späteren Vorbeiflügen der Erde noch näher kommt. (https://de.wikipedia.org/wiki/(101955)_Bennu).

Im November 2021 wurde die Sonde DARTvon der NASA gestartet. Man will eine Methode zur Asteroidenabwehr testen. Das Ziel ist der potentiell gefährliche Erdbahnkreuzer (65803) Didymos. Das ist ein 780 m großer Doppel-Asteroid. Er wird von einem 160 m großen Begleiter (genannt Dimorphos oder Didymos B) in 1 km Entfernung umkreist. Durch einen gezielten Zusammenstoß, geplant im September 2022, zwischen Sonde und dem Begleiter Dimorphos will man testen, ob es möglich ist, einen Asteroiden abzulenken. An der veränderten Umlaufsdauer des getroffenen Begleiters kann man die Wirkung der Kollision messen (Abb. 4a).

Abb. 4a Geplanter Zusammenstoß der NASA-Sonde DART mit dem Begleiter von Dimorphos  (im Bild Didymos B)

2024 wird die ESA-Sonde Hera zu dem Doppel-Asteroid aufbrechen. Dort wird sie den Effekt der Kollision, die Form und Größe des Kraters, auf Dimorphos genau vermessen. Zwei mitgebrachte Minisatelliten werden zusätzlich seine Struktur mit Radar analysieren (Abb. 4b).

Abb. 4a Geplanter Zusammenstoß der NASA-Sonde DART mit dem Begleiter Dimorphos 
(im Bild Didymos B)

Internationale Beobachtungsprogramme

Um einen katastrophalen Einschlag verhindern zu können, ist der erste Schritt, dass wir alle potentiell gefährlichen Objekte finden. Die genaue Kenntnis ihrer Bahnen ist wichtig, um mögliche Kollisionen viele Jahre im Voraus zu berechnen. Wenn man genügend Zeit hat, kann man geeignete Gegenmaßnahmen treffen, z.B. ablenken.

Deshalb führen NASA und ESA Beobachtungs- und Suchprogramme durch, die nach sogenannten erdnahen Objekten (NEOs) Ausschau halten. Insgesamt gibt es weltweit ein Dutzend Suchprogramme – auch von Amateurastronomen.

Asteroiden-Beobachtungen auf der Starkenburg-Sternwarte

Die Beobachtung von Kleinplaneten auf der Starkenburg-Sternwarte hat eine lange Tradition. Der erste eifrige Kleinplanetenbeobachter war Gerhard Iser, der 1978-1982 in fast 100 Nächten Kleinplaneten beobachtete und fotografierte. Bald kam auch Erwin Schwab dazu. Mit dem Plattenmesstisch der Heidelberger Landessternwarte wurden die Aufnahmen in mühsamer Kleinarbeit ausgewertet und die Position des jeweiligen Himmelskörpers mit Sternkatalogen und Taschenrechner bestimmt.

1993 begann auf der Sternwarte das CCD-Zeitalter – die teure Anschaffung wurde damals extra per Mitgliederversammlung beschlossen. Nachdem fast alle erreichbaren Galaxien und Gasnebel abgelichtet waren, war es Wolfgang Ernst, der 1995 vorschlug, mit der neuen Kamera doch eher wissenschaftlich zu arbeiten – die Kleinplanetenastrometrie (Positionsmessung) wurde also wiederbelebt. Mitstreiter waren damals Lothar Kurtze und Matthias Busch. Dazu brauchten wir einen sogenannten „Observatory Code“ des Minor Planet Center (MPC) in Cambridge/USA, welches weltweit für die Sammlung der Messergebnisse und Berechnung der Bahnen zuständig ist. Die ersten Messungen mit nur 3 Vergleichssternen und per Papier und Taschenrechner am Asteroiden (2060) Chiron waren noch zu ungenau, weitere Messungen an (433) Eros und (1178) Irmela mit der Software „Astrometrica“ erfüllten dann die Genauigkeitsansprüche und wir bekamen noch Ende 1995 den Observatory Code „611“ zugeteilt. Unter diesem konnten wir ab sofort eigene Messungen per E-Mail einsenden.

Dr. Freimut Börngen vom Thüringer Karl-Schwarz-Schild-Observatorium (KSO) hatte nach der Wende zusammen mit Dr. Lutz Schmadel vom Heidelberger Astronomischen Rechen-Institut (ARI) am Tautenburger 2-Meter-Schmidt-Teleskop ein sehr erfolgreiches Suchprogramm nach Kleinplaneten durchgeführt und mehrere hundert neu entdeckt. Diese mussten nachverfolgt werden und Dr. Börngen versorgte uns (in den Anfangszeiten noch per Brief!) mit Aufsuchephemeriden für viele der Kandidaten. Die Verfolgung der „KSO-ARI“-Entdeckungen machte uns viel Spaß und verbesserte die Orbits der Asteroiden. Inzwischen konnte man auch routinemäßig am Computer per Software blinken und auswerten – Plattenmesstisch, Papier und Taschenrechner waren passé.

(14080) Heppenheim

Am 1. April 1997 passierte es dann – auf der Aufnahme eines KSO-ARI-Kleinplaneten befand sich neben einem weiteren bereits bekannten auch ein bisher unbekanntes Objekt! Nachdem wir es auch in einer zweiten Nacht wiederfanden und die Positionsmessungen eingesendet hatten, kam die Nachricht vom MPC, dass das Objekt neu ist und ab sofort „1997 GB“ heißt. In den Folgejahren gelangen uns über 60 weitere Entdeckungen. Als Entdecker eines Kleinplaneten darf man einen offiziellen Namen für ihn vorschlagen, sobald das Objekt nach einigen Jahren nummeriert wird und so nannten wir 1997 GB – inzwischen Nummer (14080) – im Jahr 2000 „Heppenheim“. Weitere Beispiele für von uns vergebene Namen sind „Alfredsturm“ und „Geffert“ nach den Gründervätern, „Galapagos“, „Arthurdent“ oder auch „Helamuda“ nach dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Inzwischen war das Kleinplaneten-Team der Sternwarte auch um einige Mitstreiter angewachsen.

Im Jahr 1999 brachte die Anschaffung einer neuen, hochempfindlichen CCD-Kamera noch einmal eine deutliche Verbesserung der Reichweite in Richtung lichtschwächere Asteroiden. Reiner Stoss führte ein neues Aufgabengebiet ein – die Verfolgung von brandneu entdeckten erdnahen Asteroiden. Hier ist eine schnelle Sicherung der Bahn durch Bestätigung und Nachverfolgung extrem wichtig, um die Gefährlichkeit solch in der Nähe der Erde umherfliegender Brocken einschätzen zu können, nachdem sie von den großen Suchprogrammen der Profis in USA, Hawaii oder Australien entdeckt wurden.

Heppenheimer Sternfreunde an Profi-Sternwarte in Südspanien

Ab 2001 hatten wir mehrfach die Möglichkeit, am spanischen 1,5-Meter-Teleskop auf dem Calar Alto in der Nähe von Almeria zu beobachten. Durch unsere Erfahrung auf dem Gebiet der Asteroiden vertrauten uns die Profis und wir erzielten auch dort schöne Ergebnisse.

Weiter ging die Reise in den 2000er Jahren dann in Heppenheim in Richtung automatischer Suche. Teleskop, Kamera und Kuppel wurden per Software automatisch gesteuert und ein größerer Himmelsbereich mit vielen aneinandergereihten Aufnahmen abgedeckt und durchsucht. Mit dieser Methode wurden auch einige Asteroiden entdeckt, sie kam aber nie richtig über die Testphase hinaus – das Wetter ist für kontinuierliche Suchprogramme in Deutschland einfach auch zu schlecht.

Heppenheimer Sternfreunde an Profi-Sternwarte auf Teneriffa

So war es eine glückliche Fügung, dass Rainer Kresken 2009 die Möglichkeit der Beobachtung an einem 1-Meter-Teleskop der ESA auf Teneriffa auftat. Matthias Busch schrieb die Software zum Durchführen einer Asteroidensuche auf der Starkenburg-Sternwarte kurzerhand für das dortige Teleskop um und erweiterte sie noch um Datenbank und Web-Interface, so dass ein ganzes Team von Leuten der Sternwarte (später auch deutschland- bzw. europaweit) über Internet beim Suchen und Bestätigen der Funde mithelfen konnte. Dreimal konnte man auch direkt vor Ort in Teneriffa beobachten, ein tolles Erlebnis unter sensationellem Sternhimmel.

Mit diesem Projekt, welches „TOTAS“ (Teide Observatory Tenerife Asteroid Survey) getauft wurde, wird nun seit 2010 in Zusammenarbeit mit der ESA bei jedem Neumond in zumeist 4 Beobachtungsnächten nach Asteroiden gesucht. Durch die Kombination des tollen Sternhimmels mit der Höhe von über 2.400 m, der stickstoffgekühlten Profi-CCD-Kamera und dem Ein-Meter-Teleskop gelangen in den 12 Jahren schon viele interessante Neuentdeckungen. So zum Beispiel 22 NEO-Entdeckungen (also erdnahe Kleinplaneten), vier Kometen-Entdeckungen sowie über 2.700 Asteroiden-Entdeckungskandidaten. Insgesamt wurden über 800.000 Positionsmessungen von mehr als 134.000 verschiedenen Asteroiden gemacht.

Auf diese Weise tragen auch Amateure etwas zu einer wichtigen Forschung bei.

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