Planetenweg: Venus

Text: Holger Krämer, Starkenburg-Sternwarte e.V.

 

Die Venus, benannt nach der römischen Liebesgöttin, ist der zweite Planet unseres Sonnensystems. Sie ist, wenn sie denn sichtbar ist, neben Mond und Sonne das hellste Objekt  am Himmel. Ihre größte scheinbare Helligkeit ist -4,4 mag. Bei guten Bedingungen lassen sich die Phasen der Venus schon mit bloßem Auge erkennen. Ihr astronomisches Symbol ist das umgedrehte Erdsymbol:  ♀.

 

Abb. 1:  Venussichel im 6“ Newton, H. Krämer

 

Orbit

Die Venus wird im Volksmund auch häufig „Abendstern“ oder „Morgenstern“ genannt. Nachts hingegen ist sie nicht zu sehen. Der Grund dafür liegt in der Umlaufbahn der Venus, die sich zwischen der Sonne und der Erdbahn befindet. Sie umläuft die Sonne auf einer fast kreisförmigen Bahn (Exzentrizität = 0,07) in 224,7 Tagen. Ihr Abstand zur Sonne beträgt ca. 108 Mio. km. (Der Abstand zur Sonne kann nie mehr als 47 Winkelgrad erreichen). Wir werden die Venus also niemals von der sonnenabgewandten Seite der Erde aus hoch am Himmel sehen können. Je nach Position auf ihrer Bahn um die Sonne ist sie nur bei Einbruch der Dunkelheit oder in der Morgendämmerung sichtbar. Tagsüber wird sie vom Licht der Sonne überstrahlt. Ihre Bahnebene ist nur ca. 3° gegen die Ekliptik geneigt.

 

Abb. 2:  Venus am Morgen; die Nachtseite ist dem Betrachter zugewandt, H.Krämer

 

Abb. 3:  Venus am Abend; die Nachtseite ist dem Betrachter zugewandt, H.Krämer

 

In seltenen Fällen kommt es zu einer Konstellation aus Erde, Venus und Sonne, bei der die Venus von der Erde aus betrachtet vor der Sonne vorbeizieht. Dabei erscheint die Venus lediglich als kleiner schwarzer Punkt vor der Sonnenscheibe. Einen solchen sog. „Venus-Transit“ konnten wir zuletzt am 8. Juni 2004 und (nur teilweise von Deutschland aus) am 6. Juni 2012 beobachten. Der nächste Transit ist für den 11. Dezember 2117 berechnet.

 

Rotation

Bis zum Zeitalter der Raumfahrt war über die Beschaffenheit der Venus nur wenig bekannt. Die Beobachtung mit Teleskopen konnte nur geringen Aufschluss über die Oberfläche geben, was vor allem an der dichten Wolkendecke der Venus liegt, die sich visuell nicht durchdringen lässt.  Daher herrschte auch lange Unklarheit über die Rotation des Planeten, da keine Bodenmerkmale zu erkennen waren. Etwaige Merkmale der Wolkenformationen umrunden den Planeten in etwa 4 Tagen. Ob dies auch für den Planeten selbst gilt, war lange ungewiss.

 

Abb. 4:  Venus umhüllt von Wolken (NASA/Mariner)

 

Abb. 5: Nochmal die Wolkenschichten, UV-Aufnahme von NASA/Pioneer-Venus

 

Es waren schließlich Raumsonden, die erste Details von der Oberfläche lieferten. Erst Radar-Messungen von Pioneer-Venus1, Venera 15 &16 und Magellan erlaubten die vollständige Kartierung der Venusoberfläche. Daher wissen wir heute, dass die Rotationsperiode – das heißt die Dauer für eine Drehung um die eigene Achse – 243,2 Erdentage beträgt. Damit ist auf der Venus ein Tag länger als ein Jahr, denn das Venusjahr, also die Dauer für einen Umlauf der Venus um die Sonne, beträgt nur 224,7 Erdentage. Die Überraschung war, dass die Venus als einziger Planet rückläufig rotiert, d.h. sich im Uhrzeigersinn dreht. Alle anderen Planeten tun dies entgegengesetzt! Warum das so ist, ist nach wie vor ungeklärt. Wenn man also auf der Venus den Sonnenaufgang beobachten würde, fände dieser im Westen statt, und der Sonnenuntergang ließe sich erst 118 Erdentage später im Osten beobachten.

 

Größe und Aufbau

Die Venus ist wie die Erde ein Gesteinsplanet und nur minimal kleiner (Durchmesser = 12.104 km). Daher wird sie auch oft als unser „Schwesterplanet“ bezeichnet. Ihre Masse (0,815 Erdmassen) und ihre Dichte (5,25 g/cm3) sind denen der Erde recht ähnlich. Eine Abplattung hat die Venus nicht. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein ging man von gemäßigten Temperaturen aus. Man stellte sich die Venus wie eine „Ur-Erde“ vor, wie sie lange vor der Zeit der Dinosaurier bestand.

Ein wesentlicher Unterschied zur Erde ist, dass die Venus keinen Mond hat. Aus der mittleren Dichte schließt man, dass die Venus verglichen zur Erde einen etwas kleineren Eisen-Nickel-Kern hat, dafür aber einen etwas größeren Mantel. Die dicke Kruste lässt eine Verschiebung von Landplatten (Plattentektonik) unwahrscheinlich erscheinen. Das Terrain ist durch einen ausgeprägten Vulkanismus geformt worden. Gewaltige, inzwischen verfestigte Lavaströme, die sich vielerorts auf dem Planeten finden lassen, scheinen dies zu bestätigen.

Das sehr schwache Magnetfeld entsteht nicht im Innern der Venus, sondern durch den Sonnenwind, der in der oberen Ionosphäre elektrische Ströme induziert. Die extrem langsame Rotation und das Fehlen eines Mondes dürften verhindert haben, dass sich im Venusinneren ein Dynamoeffekt aufbauen konnte.

 

Abb. 6:  Venus ohne Wolken, Radar-Komposit, DLR

 

Atmosphäre

Erst mit dem sowjetischen Venera-Programm konnten Temperaturen gemessen und die Atmosphäre untersucht werden. Nach einigen Fehlschlägen gelang 1970 die erste weiche Landung in der felsigen Venuslandschaft durch die Verena 7 Sonde. Die technische Herausforderungen sind die hohe Temperatur und der Atmosphärendruck. Die mittlere Oberflächentemperatur ist +464°C (+437 °C bis 497 °C), obwohl die Entfernung Sonne-Venus wesentlich größer ist als die Entfernung Sonne-Merkur. Venus ist der heißeste Planet des Sonnensystems. Der Grund hierfür ist die extrem dichte und bis zu 240 km hohe Atmosphäre. Sie besteht zu 96,5% aus CO2, 3,5 % Stickstoff und Wolken aus Schwefelsäure. Dies führt zu einem gewaltigen Treibhauseffekt auf der Oberfläche, (eine Warnung für die Erde). Die Atmosphäre an der Oberfläche ist etwa 90 mal dichter, als auf der Erde. Es herrscht an der Oberfläche der Venus ein ähnlicher Druck wie in 900 Metern Wassertiefe bei uns. Druck und Temperaturen haben die Betriebsdauer für Raumsonden am Boden sehr begrenzt: die Verena 11 Sonde hielt mit 95 Minuten am längsten durch. Daher konzentriert man sich heute eher auf die Erkundung der Venus aus einer sicheren Umlaufbahn oberhalb der Atmosphäre.

 

Oberfläche

Unterhalb der dichten Wolken zeigt sich die Venus als eine Welt, die geprägt ist von Ebenen, Hoch- und Flachlandregionen. Fast zwei Drittel des Terrains machen wellige Ebenen aus. Nur ein sehr kleiner Anteil wird wirklich durch Hochland geprägt. Im Wesentlichen gibt es zwei Hochlandgebiete: Ishta Terra und Aphrodite Terra. Ishta liegt auf der Nordhalbkugel und misst fast 3000 km im Durchmesser. Am Ostrand dieses Gebietes findet sich die höchste Erhebung der Venus, genannt die Maxwell Berge mit 11 km Höhe gegenüber dem Durchschnitts-Niveau. Die Maxwell-Berge, benannt nach dem Mathematiker James C Maxwell, sind auch eine Ausnahme bezüglich ihrer Namensgebung: Für die Bodenmerkmale und Regionen werden auf der Venus nämlich sonst nur weibliche Namen verwendet. In einer kleineren Hochland-Region, Beta Regio in Äquator-Nähe, finden sich die zwei großen Vulkane Rhea Mons und Theia Mons, von denen

Rhea vermutlich sogar noch aktiv ist.

Auf der Venus sind bisher knapp 1000 Einschlagkrater fast gleichmäßig über den Planeten verteilt entdeckt worden, von denen jedoch keiner einen geringeren Durchmesser als 2 km besitzt. Hierfür ist die dichte Atmosphäre verantwortlich, in der kleinere Gesteinsbrocken schneller verglühen, während nur „dicke Brocken“ die Oberfläche erreichen können.

 

Abb. 7:  Bilder vom Boden der Venus; Verena 9 & 13, DLR

 

Erforschung der Venus durch Raumsonden

Mariner 10 war die erste Sonde, die an der Venus vorbeiflog. Sie war auf dem Weg zum Merkur und nutzte die Gravitation der Venus zum Abbremsen und zur Kurskorrektur. Viele andere Sonden machten seither ähnliche sogenannte Swing-by-Manöver an der Venus, entweder um Energie für den Flug zu äußeren Planeten aufzunehmen oder um abzubremsen, wenn ihr Ziel der Merkur oder die Sonne war (Messenger, Galilei, Cassini.-Huygens, Parker Solar Probe und Bepi Colombo).

Besondere Erwähnung verdienen die zwei sowjetischen Programme, Venera (insgesamt 16 Sonden) und Vega (2 Sonden). Nach der ersten weichen Landung von Verena 7 waren die von Vega 1&2 die letzten (1985). Die Probebohrungen von Verena 13 & 14 sind auch einzigartig. Die vollständigste hochauflösende Radar-Kartographierung gelang Magellan (NASA). Venus-Express (ESA) lieferte über Jahre umfangreiche Information zur Atmosphäre.

 

Quellen und weiterführende Links

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Venus_(Planet)
  • Welten, Sterne und Planeten – Einfuehrung in die Astronomie (Mosaik Verlag, 1979)
  • Grosser Atlas der Sterne (isis Verlag)
  • Unser Sonnensystem – Lehrermaterialien und Mitmach Experimente (DLR, Klett-Mind Verlag)